GESCHÄFTSBERICHT 2024
COO-Interview
Daniela de la Cruz
im Gespräch
Seit über einem halben Jahr ist Daniela de la Cruz als Chief Operating Officer (COO) der Tertianum Gruppe tätig. Die erfahrene Managerin bringt langjährige Expertise im Gesundheits- und Sozialwesen mit und ist überzeugt, dass die Pflegebranche vor grossen, aber auch lösbaren Herausforderungen steht. Im Interview spricht sie über ihren Wechsel in die Langzeitpflege, ihre ersten Eindrücke und ihre strategischen Prioritäten für die kommenden Jahre.
Wie haben Sie den Einstieg in Ihre neue Position erlebt? Gab es einen Moment, in dem Sie dachten: Jetzt bin ich wirklich angekommen?
Der Einstieg war intensiv, aber unglaublich spannend. Tertianum hat 100 Betriebe in der ganzen Schweiz – das bedeutet eine grosse Vielfalt an Strukturen, Prozessen und Herausforderungen. Besonders herausfordernd war es, die Betriebe geografisch und organisatorisch richtig einzuordnen und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für die internen Abläufe zu entwickeln. Was mir besonders geholfen hat, war der direkte Kontakt mit unseren Teams und Gästen. Mit jedem Besuch in einem unserer Häuser, mit jedem Gespräch mit unseren Mitarbeitenden wurde mir klarer, worauf es ankommt. Es gibt so viele beeindruckende Persönlichkeiten bei Tertianum, die mit Leidenschaft und Engagement arbeiten – das zu erleben, war für mich ein echter Moment des Ankommens.
Sie kamen aus einer anderen Branche – was waren die grössten Unterschiede und Überraschungen?
Der grösste Unterschied ist der tägliche Kontakt mit den Menschen, die wir betreuen. Bei jedem Betriebsbesuch treffe ich unsere Gäste, kann mich mit ihnen austauschen, ihre Geschichten hören und ihre Lebensfreude spüren. Auch wenn es manchmal gesundheitliche Beschwerden gibt, überwiegt oft die positive Energie. Im Gegensatz dazu stand meine Arbeit bei der Krebsliga, wo die Themen oft schwerwiegender waren. Doch auch dort habe ich beeindru- ckende Stärke und Resilienz von Betroffenen erlebt. In beiden Bereichen geht es um Lebensqualität – aber in der Langzeitpflege steht die Aktivierung, Betreuung und die Gestaltung eines möglichst selbstbestimmten Alltags im Vordergrund.
Welche strategischen Ziele verfolgen Sie in den ersten Jahren? Gibt es ein persönliches Motto, das Sie dabei begleitet?
Ich habe mir vorgenommen, in den ersten Monaten vor allem zuzuhören und ein umfassendes Ver- ständnis für die Bedürfnisse unserer Betriebe zu entwickeln. Eine meiner obersten Prioritäten ist die Reduktion der Kurzabsenzenrate. Hohe Fehlzeiten belasten die Teams enorm und wirken sich negativ auf die Betriebskultur aus. Ein weiteres zentrales Thema ist die Fluktuation. Wenn Mitarbeitende häufig wechseln, geht wertvolles Wissen verloren, was langfristig die Qualität beeinträchtigen kann. Mein Motto dabei? «Jeder Betrieb muss gestalten wollen, nicht nur verwalten.» Wir müssen uns stetig weiterentwickeln und nicht nur bestehende Strukturen beibehalten.
«Unsere Mitarbeitenden brauchen Stabilität – das ist eine meiner Hauptaufgaben.»
Daniela de la Cruz
Chief Operating Officer
Daniela de la Cruz:
COO
Daniela de la Cruz ist seit September 2024 als Chief Operating Officer (Coo) der Tertianum Gruppe für die operative Leitung aller Regionen verantwortlich und verfügt über eine langjährige Erfahrung im Gesundheitswesen. Bis zu ihrem Wechsel zu Tertianum war sie seit 2019 CEO der Krebsliga Schweiz. Davor war sie als Direktorin der Hirslanden Kliniken Birshof und Beau-Site sowie Mitglied der operativen Geschäftsleitung tätig. Weitere Stationen waren das Universitätsspital Basel und das Departement Finanzen und Gesundheit des Kantons Glarus. Sie ist diplomierte Physiotherapeutin mit betriebswirtschaft- licher Managementausbildung und einem Master in Health Service Management.
Welche operativen Schwerpunkte setzen Sie aktuell?
Es geht darum, den regionalen Handlungsspielraum bewusst zu nutzen. Jeder Betrieb hat seine eigenen Herausforderungen und Stärken – diese müssen erkannt und gefördert werden. Was mir besonders am Herzen liegt: Die Menschen müssen sich mit ihrer Arbeit identifizieren können. Wenn Mitarbeitende nur das Gefühl haben, Prozesse abzuarbeiten, wird es schwer, langfristig motiviert zu bleiben. Deshalb ist es entscheidend, dass jede und jeder spürt, dass er mitgestalten kann.
Was sind die grössten Herausforderungen, denen Sie als COO in der Pflegebranche aktuell begegnen?
Der Fachkräftemangel ist eine der drängendsten Herausforderungen. Es wird immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden, und gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Pflege. Das bedeutet, dass wir gute Arbeitsbedingungen für unsere Teams schaffen müssen. Eine hohe Fluktuation oder ständige Wechsel von Mitarbeitenden führen dazu, dass Wissen und Stabilität in den Betrieben verloren gehen. Ein weiteres Thema ist die zunehmende Komplexität der Pflegesituationen. Unsere Gäste werden immer älter und haben oft multiple Erkrankungen. Das stellt uns vor die Herausforderung, trotz begrenzter Ressourcen die bestmögliche Betreuung sicherzustellen.
Die Pflegebranche steht unter finanziellem und personellem Druck. Wie gehen Sie damit um?
Jedes Unternehmen, auch ein Pflegebetrieb, muss wirtschaftlich tragfähig sein. Doch das darf nicht auf Kosten der Qualität gehen. Als Gruppe mit 100 Betrieben haben wir den Vorteil, wirtschaftliche Schwankungen besser abzufedern. Wir müssen aber auch effizient arbeiten und uns auf das Wesentliche konzentrieren.
Persönlich gehe ich mit Druck so um, dass ich mich auf das fokussiere, was ich wirklich beeinflussen kann. Wenn man sich zu sehr auf äussere Umstände konzentriert, die man nicht ändern kann, verliert man Energie. Stattdessen setze ich darauf, mit meinen Teams tragfähige Lösungen zu erarbeiten.
Welche Bedeutung haben die Werte Respekt, Verantwortung und Leidenschaft für Ihre Arbeit?
Leidenschaft ist essenziell – ohne sie kann ich meinen Job nur halbherzig machen. Sie gibt einem die Energie, sich Tag für Tag mit vollem Einsatz zu engagieren. Respekt bedeutet für mich, fair und auf Augenhöhe zu kommunizieren – mit den Gästen genauso wie mit den Mitarbeitenden. Ich bin überzeugt, dass eine respektvolle Unternehmenskultur entscheidend dafür ist, wie gut ein Betrieb funktioniert. Verantwortung bedeutet für mich vor allem Eigenverantwortung. Jeder, der eine Aufgabe übernimmt, sollte sie mit Überzeugung und Engagement ausführen. Das gilt für alle Ebenen – von der Geschäftsleitung bis zur Reinigungsfachkraft.
Wenn Sie in die Zukunft blicken, welche Wünsche und Hoffnungen haben Sie für Tertianum?
Ich wünsche mir, dass wir als Gruppe gemeinsam wachsen, uns kontinuierlich verbessern und die Pflege und Betreuung für unsere Gäste positiv gestalten. Das bedeutet nicht nur, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern vor allem, eine hohe Lebensqualität und Lebensfreude für unsere Gäste zu ermöglichen.